W.I.R. TERSTEEGEN MITTEN IM QUARTIER
Musik-, Kultur-, Begegnungs- und Erprobungs-Kirche
Gottesdienst
am Sonntag, 16. Oktober, 10.30 Uhr
„Wie haltet ihr es mit dem Liebesgebot?“
mit Prädikant Horst Gieseler
„Mit einer kleinen chassidischen Anekdote will ich uns auf das Thema unseres Gottesdienstes am kommenden Sonntag, dem 18. S. n. Tr., einstimmen:
Ein Armer will zum Wunderrabbi hineingehen. Man heißt ihn im Vorhaus warten, weil der Rabbi stark beschäftigt ist: es sitzt bei ihm ein bekannter reicher Mann. Erst nach zwei Stunden lässt ihn der Sekretär hinein. Der Rabbi blickt den Gast an, sagt zwei Worte: „Schalom alejchem“ und gibt ihm einen Rubel.
„Rabbi“, ist der arme Chassid beleidigt. „Mit dem Reichen habt ihr volle zwei Stunden gesprochen, und mich fertigt Ihr nach einer halben Minute ab ?!“
„Ich will dir das zu verstehen geben“, antwortet der Rabbi. „Mit dem Reichen musste ich ein sehr langes Gespräch führen, bis ich erfahren habe, dass er ein armer Teufel ist. Dich aber habe ich nur angeblickt und alsbald gewusst, mit wem ich es zu tun habe.“
Um eine grundlegende Sache geht es im Jakobusbrief im 2. Kapitel, die Verse 1 – 13. Unausweichlich steht die Frage an die Gemeinde: Wie haltet ihr es mit dem Liebesgebot? Na klar, unsere Antwort ist eindeutig. Es ist das höchste, das vornehmste Gebot, das sowohl im jüdischen als auch im christlichen Glauben eine besondere Stellung einnimmt. Nur, dieser Brief richtet sich an die Gemeinde damals und an uns heute so, dass vielleicht einige fragen, was soll diese Frage?
Wir sind heute so irritiert wie die Gemeinde damals, denn das eigentlich Selbstverständliche wird auf den Prüfstand geschickt. Und die Antwort, die scheint beim ersten Hinsehen einfach, dann jedoch tuen wir uns schwer.
(2,1) Meine Brüder und Schwestern, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person. (2) Denn wenn in eure Versammlung ein Mann kommt mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung, (3) und ihr seht auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprecht zu ihm: Setz du dich hierher auf den guten Platz!, und sprecht zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setz dich unten zu meinen Füßen!, (4) macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und urteilt mit bösen Gedanken? (5) Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn liebhaben? (6) Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen? (7) Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist? (8) Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift (3.Mose 19,18): »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht; (9) wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter. (10) Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig. (11) Denn der gesagt hat (2.Mose 20,13-14): »Du sollst nicht ehebrechen«, der hat auch gesagt: »Du sollst nicht töten.« Wenn du nun nicht die Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes. (12) Redet so und handelt so als Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. (13) Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht. Amen.
Und was bedeutet das nun für uns, wie können wir das verstehen?
Die Worte im Jakobusbrief, das alles ist heute doch sehr aktuell, wenn wir uns darauf einlassen. Jakobus stellt das gemeinhin Gängige auf den Prüfstand: Wie ist es, wenn ein reicher und ein armer Mann heute Morgen im Gottesdienst erscheinen, wem geben wir mehr die Ehre? Wir können nicht darüber hinweggehen: Die gesellschaftliche Position ist entscheidend. Man erreicht sie durch Geld und Einfluss und einen besonders wichtigen Beruf. Und das äußert sich in der Kleidung und vielem anderem. Man stellt etwas dar oder nichts.
Es ist unmissverständlich: Es geht um die Benachteiligten, die Armen, die Flüchtlinge, die Ausländer, den Hass auf Minderheiten. Es geht um uns, wie wir dazu stehen.
Wie aktuell ist das heute! Brennt die Synagoge, dann ist das, also ob unsere Kirche brennt. Werden Migranten durch die Straßen gehetzt, ist es so, als würden wir gehetzt. Unsere Antwort ist klar: Wo auch immer in unserer Gemeinde, hier wird sicher keine oder keiner von seinem Bankplatz vertrieben!
Aber es geht im Jakobusbrief um mehr, nämlich um die Liebe Gottes und um Gerechtigkeit. Die Alternative, liebe Anwesende heute Morgen, die Alternative heißt eben nicht: Die Reichen sind wegen ihres Reichtums schlecht und die Armen wegen ihrer Armut gut, sondern es wird alles darauf hinauslaufen: Liebe den, der dir begegnet, weil dir in ihm Gott begegnet.
Erinnern wir uns an chassidische Anekdote. Der Rabbi gab zu verstehen: „Mit dem Reichen musste ich ein sehr langes Gespräch führen, bis ich erfahren habe, dass er ein armer Teufel ist. Dich aber habe ich nur angeblickt und alsbald gewusst, mit wem ich es zu tun habe.“
Ihr Prädikant Horst Gieseler
Wir laden Sie recht herzlich zum Gottesdienst ein und freuen uns auf Ihren Besuch ohne Covid-19 Einschränkungen.
HERZLICHE EINLADUNG :
Opernprojekt in der Tersteegenkirche
Purcells „Dido und Aeneas“
Die Oper „Dido und Aeneas“ von Henry Purcell führt die Opernklasse der Robert Schumann Hochschule an den Wochenenden 15. und 16. Oktober und 22. und 23. Oktober auf in der evangelischen Tersteegenkirche, Tersteegenplatz 1. Beginn jeweils um 19.00 Uhr.
Die musikalische Leitung hat Markus Fohr. Zu den Mitwirkenden zählen Sabine Hahn (Regie), Mara Lena Schönborn (Kostüm- und Bühnenbild) sowie Mirko Blüming 8Licht und Ton) und das Ensemble der Robert Schumann Hochschule.
Eine Frau im Zentrum des Geschehens. Und nicht irgendeine. Dido, die Herrscherin von Karthago, ist eine starke und mächtige Frau. Und dennoch ist sie zerrissen zwischen Pflichtbewusstsein und Liebe, zwischen Fragen der eigenen Ehre und dem eigenen Verlangen.
Die Studierenden der Gesangsklassen der Robert Schumann Hochschule zeigen Henry Purcells einzige Oper, ein Höhepunkt des Barocks. Angepasst an dem Aufführungsort, entwirft Sabine Hahn eine lockere und reduzierte Inszenierung, die die mythologische Sage ins Heute überführt.
Reservierung nicht nötig – Eintritt frei – Um Spenden wird gebeten!
Unser „Opern-Café“ ist ab 18.00 Uhr geöffnet
Termine
Ermutigung und Segen
Jeden Tag ein virtueller Gruß aus unserer evangelischen Tersteegen-Kirchengemeinde von Pfarrer Jürgen Hoffman
Wer gern diese ermutigen Impulse erhalten möchte, kann sich dazu anmelden auf unserer Homepage www.tersteegenkirche.de oder impulse@tersteegen-kirche.de
Hier mein Impuls der letzten Woche von Pfarrer Jürgen Hoffmann.
Samstag, 8. Oktober 2022
“Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer …” (Psalm 139, 9)
Mit den Sonnenstrahlen bis ans Ende der Welt fliegen.
Was für eine geradezu atemberaubende Vorstellung.
Hier gehen Phantasie und Wirklichkeit eine phantastische Verbindung ein.
Sich am Morgen nach Osten der aufgehenden Sonne zuwenden und sich dann mit dem aufstrahlenden Sonnenlicht nach Westen wenden
und mit den Sonnenstrahlen, mit den “Flügeln der Morgenröte”, über das Meer zu fliegen, ja bis “bis ans äußerste Meer”.
In Israel, der Heimat des 139. Psalms, ist das möglich.
Und auch wenn es “real” nicht machbar ist, in Gedanken ist jede noch so weite Reise,
sogar mit Morgenlichtgeschwindigkeit, möglich – damals und heute auch.
Der Psalm 139 bringt seit über 2500 Jahren etwas in den Menschen zum Klingen, eine Sehnsucht vielleicht nach dem, was eigentlich unerreichbar oder undenkbar ist. Eigentlich aber beschreibt er eine Realität, die Unendlichkeit und Unbegrenztheit Gottes, und sagt ganz schlicht: Gott ist da. Er ist überall.
Im Psalm 139 liest sich das so:
“Führe ich gen Himmel, so bist du da.
Bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.
Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein,
so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir und die Nacht leuchtete wie der Tag.”
Kein Ort, an dem Gott nicht ist oder sein könnte.
Keine Begrenzung, die Gott begrenzen würde.
Finsternis wird zu Licht, Nacht zu Tag
– in Gottes Wirklichkeit sind Gegensätze aufgelöst.
Auch heute kann uns der Psalm 139 ins Staunen bringen
– und wenn Sie mögen auch ins Fliegen, mit den “Flügeln der Morgenröte“.
Sollten Sie den Sonnenaufgang heute verpasst haben,
geht die Reise natürlich auch morgen – und an jedem anderen Tag.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag!
P.S.: Kennen Sie die Geschichte von Jona, der vor Gott weglaufen möchte,
sich auf ein Schiff begibt, dann in den Sturm gerät, ins Meer geworfen und von einem Fisch gerettet wird?
Jona war sehr real auf dem Weg zum äußersten Meer, ans Ende der damals bekannten Welt.
Von Israel aus gesehen ist es der westlichste Punkt des Mittelmeers.
Weiter geht einfach nicht (bzw. ging damals nicht).
Er machte die Erfahrung des Psalms 139 “… so würde auch dort deine Hand mich führen …”.
Gott ist da. Überall.
Pfarrer Jürgen Hoffmann
Vielen Dank, dass Sie sich für den täglichen Gruß und spirituellen Impuls von Pfarrer Jürgen Hoffmann registriert haben. Haben Sie Anregungen, teilen Sie dies gerne Mirko Blüming mit.
Texte und Fotos (wenn nicht anders angegeben): Hans Albrecht Kontakt: Ev. Tersteegen-Kirchengemeinde, Presbyter Hans Albrecht (Vors. Öffentlichkeitsausschuss), Tersteegenplatz 1, 40474 Düsseldorf,
E-Mail hans.albrecht@ekir.de